Neuer Mietspiegel für Frankfurt: Fluch und Segen?

Am 01. Juni 2024 ist der neue Frankfurter Mietspiegel in Kraft getreten. Erschreckend ist aus unserer Perspektive, dass die ortsübliche Vergleichsmiete im Vergleich zu 2022 um 11,8 % gestiegen ist – mehr als jemals zuvor zwischen zwei Mietspiegeln.

Aber erst einmal zum Mietspiegel an sich: In Frankfurt am Main wird der Mietspiegel qualifiziert erstellt. Er basiert unter anderem auf einer Stichprobenerhebung von 3500 frei finanzierten Mietwohnungen. Diese Daten werden wissenschaftlich ausgewertet, der Mietspiegel berechnet und dann in einer Kommission beraten. Diese aufwändige Erstellung ist gesetzlich vorgeschrieben. Dies hat den Vorteil, dass der Mietspiegel auch vor Gericht anerkannt wird, wenn Mieter:innen gegen zu hohe Mieten vorgehen möchten. Viele, vor allem kleinere Städte, verfügen nur über einfache Mietspiegel – diese können zur Orientierung dienen, aber nicht vor Gericht herangezogen werden.

Aufgabe und Nutzen des Mietspiegels

Der Mietspiegel ist ein Instrument der Wohnungspolitik. Seinen Kern bildet die ortsübliche Vergleichsmiete: sie soll frei finanzierte Mietwohnungen vergleichbar machen. Ihre Berechnung berücksichtigt dafür verschiedene Kriterien wie die Lage der Wohnung, die Größe der Wohnfläche und die Ausstattung, wozu auch der energetische Standard gehört.

Der Mietspiegel soll auf der einen Seite Mieter:innen dabei unterstützen einschätzen zu können, ob eine verlangte Miethöhe angemessen ist, sowohl bei Neueinzug als auch bei einer Mieterhöhung. Auf der anderen Seite dient er aber auch Vermieter:innen, indem er anzeigt, welche Mieterhöhungen zulässig sind. Viele Immobilieneigentümer:innen nutzen den Mietspiegel um Mieterhöhungen zu veranlassen. So können nach der Veröffentlichung des Mietspiegels viele Mieter:innen mit Mieterhöhungsschreiben rechnen.

Kritik an der Erhebungsmethode

In den Mietspiegel fließen allerdings nicht alle Mieten, die in Frankfurt von Mieter:innen gezahlt werden, ein. Sondern nur diejenigen, die bei Neuvermietungen verlangt werden sowie diejenigen, die in den letzten sechs Jahren angehoben wurden. Deshalb gerät die Erhebungsmethode zunehmend in die Kritik. Vor allem Mieterschutzverbände problematisieren, dass z.B. Verstöße gegen die Mietpreisbremse nicht aus den Daten bereinigt werden oder dass Indexmieten, die die Miete an die Inflationsrate anpassen, zur Datengrundlage gehören. So trägt bereits die Auswahl der Daten zu den hohen Preissteigerungen bei.

Zudem ist kritisch anzumerken, dass nicht alle Mieter:innen mit Hilfe des Mietspiegels gegen zu hohe Mieten vorgehen können. Bei Mieterhöhungen kann mit Hilfe des Mietspiegels zwar überprüft werden, ob die Erhöhung zulässig ist und gegen diese vorgegangen werden, bei Neuvermietungen ist das schwieriger. Hier wirkt der der Mietspiegel zusammen mit der auch in Frankfurt geltenden Mietpreisbremse. Die Mietpreisbremse greift bei Wiedervermietungen und erlaubt eine Mietsteigerung von maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Auch wenn Vermieter:innen mittlerweile verpflichtet sind anzugeben, wie hoch die Miete der Vormieter:innen war, wird dies häufig nicht gemacht. Zudem trauen sich Mieter:innen häufig nicht, nach den Strapazen der Wohnungssuche und direkt nach dem Einzug gegen ihre:n Vermieter:in tätig zu werden. Die Mietpreisbremse deckt zudem auch nicht alle Mietverhältnisse ab, ausgenommen sind beispielsweise Mietverhältnisse auf Zeit oder möblierte Wohnungen.

Der aktuelle Mietspiegel verdeutlicht einmal mehr die Probleme auf dem freifinanzierten Wohnungsmarkt. Im Frankfurter Stadtgebiet wurde im Gallus, in Bockenheim und in Eschersheim nachverdichtet: neue Wohnungen in Neubauten mit hohen Ausstattungsstandards sind entstanden. Die Kaltmieten, die für diese jetzt bezugsfertigen Wohnungen verlangt werden, bewegen sich zwischen 20 und 23 Euro pro Quadratmeter. Da auch solche Projekte Eingang finden in die für den Mietspiegel erhobenen Daten, wird dieser voraussichtlich zukünftig weiter steigen.

Auch wenn die Erstellung eines Mietspiegels ein Instrument ist, dass vor allem von Mieterschutzverbänden gefordert wurde, wirkt er sich durch die stetige Steigerung zunehmend negativ auf Bestandsmieter:innen in den Stadtteilen aus.

Was bringt der Mietspiegel also?

Trotzdem kann der Mietspiegel individuell helfen, gegen unangemessene Mieterhöhungen vorzugehen. Kritisch ist nicht das Instrument des Mietspiegels an sich, sondern die Erhebungsmethode und die Datenauswahl. Ein Mietspiegel, der die Preisspirale nicht weiter antreibt, müsste Miethöhen, die unrechtmäßig von Immobilieneigentümer:innen verlangt werden sowie Indexmieten ausschließen. Ebenso wäre eine Aufnahme von Bestandsmieten in die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete wünschenswert, damit die Mietsteigerungen zumindest abgefedert werden könnten. Die Forderung nach einem Mietendeckel wird von einigen Verbänden und Parteien für Frankfurt bereits erhoben.

Der Mietspiegel 2024 verdeutlicht, wie wichtig Akteur:innen am Wohnungsmarkt wie Genossenschaften und das Mietshäusersyndikat sind: Sie bieten Wohnungen zur Kostenmiete an, die oft unter dem Mietspiegel liegt, und erhöhen selten bis gar nicht die Miete. Der Grund dafür ist, dass Mietshäusersyndikatsprojekte und viele Genossenschaften mit Wohnraum keine Rendite erwirtschaften.